Spätestens seit der COVID-19-Pandemie sind wir mit den verheerenden Auswirkungen von exponentiellem Wachstum vertraut. Sonifikation kann dabei helfen, exponentielle Dynamiken greifbarer zu machen.
Die Dynamik der COVID-19-Pandemie bestimmte seit spätestens April 2020 das öffentliche und politische Leben in Deutschland. Ein wesentlicher Faktor der Pandemie war die exponentielle Ausbreitung: Dafür stand die „R-Zahl“, also die Reproduktionszahl, die beschreibt, wie viele Menschen ein infizierter Mensch im Durchschnitt ansteckt. Eine R-Zahl von zwei würde bedeuten, auf jeden Infizierten kommen zwei weitere Infizierte. Das ganze nimmt natürlich exponentiell zu: ein Infizierter steckt zwei weitere an, diese stecken wiederum vier weitere an, von denen acht Menschen angesteckt werden und so weiter. In Sound übersetzt klingt die eine R-Zahl von 2 so:
Während der gesamten Pandemie wurde dieser Wert allerdings nur zu Beginn überschritten; danach pendelt er irgendwo zwischen 1,3 und 0,7. Ist der R-Wert kleiner als 1,0, dann bedeutet es, dass die exponentielle Dynamik wieder abnimmt. Hier sind die R-Werte der ganzen Pandemie zu sehen:
So klingt ein R-Wert von 1,3 – er steigt langsamer an:
Hier kannst du die R-Werte im DataSonifyer öffnen und mit verschiedenen Werten experimentieren.
Der exponentielle Charakter der Ausbreitung machte harte politische Maßnahmen erforderlich. Die Ausbreitung des Virus erfolgte in mehreren Wellen:
Diese Kurve war über mehr als zwei Jahre omnipräsent, auf den Corona-Update-Seiten deutscher Medien, in Social Media – eben überall da, wo sie die Menschen in Deutschland einfach sehen konnten. Audio-Formate lasen die Neuinfektionen einfach vor. Mit dieser Sonifikationstechnik lassen sich alle realen Neuinfektionen – auf den Monat gerechnet – in Sound übersetzen: Je schneller der Beat und je höher der Ton, desto mehr Menschen wurden in diesem Monat infiziert. Das Prinzip gleicht einem Geiger-Zähler: Je schneller und je höher das Piepsen und Knacken, desto höher ist die Strahlung. In dieser Sonifikation ist auch sehr gut der Unterschied zwischen den ersten Wellen und denen ab dem Winter 2021/2023 zu hören – die Anzahl der Neuinfektionen war in der ersten Welle wesentlich geringer.
Hier kannst du das Beispiel im DataSonifyer öffnen. Und so kannst du die Sonifikation nachbauen:
- Daten herunterladen und bearbeiten: Lade dir die Corona-Fallzahlen mit einem Klick auf „Get the Data“ herunter. Öffne sie in einem Programm deiner Wahl (Excel, Google Sheets, R, Python) und berechne die monatliche Summe der Neuinfektionen. Es ist besser, die monatliche Summe zu berechnen, um insgesamt weniger Datenpunkte zu haben. Zu viele Datenpunkte könnten die Leistung des DataSonifyers überfordern.
- Öffne den DataSonifyer und lade die Daten mit einem Klick auf „Load Data“ hoch.
- Soundmodule wählen: Klicke auf „Add Modules“ und wähle das Frequency-Modul und das Rhythm-Modul aus.
- Frequency einstellen: Wähle im Frequency-Modul neben Data die Spalte aus, die die Fallzahlen beinhaltet. Lasse Scalemode auf „Off“ und trage als minimale Frequenz (Min Freq) 220 Hertz ein, als maximale Frequenz (Max Freq) 440. Das ist der Unterschied zwischen einem A3 und einem A4 – also eine ganze Oktave. In diesem „Off“-Scalemode können aber zwischen den einzelnen Tönen tausende weitere Frequenzen angenommen werden, so dass leichte Steigerungen – wie etwa in der ersten Welle – leichter hörbar werden.
- Rhythmus einstellen: Wähle im Rhythm-Modul neben „Data“ ebenso die Fallzahlen aus. Nun bestimme den Modus der Rhythmus-Sonifikation. In diesem Fall soll der Beat schneller werden, wenn die Fallzahlen höher sind – da aber Monate immer gleich lange dauern, soll der Sprung zwischen den einzelnen Fallzahlen immer den gleichen Abstand haben: Nur von Monat zu Monat soll der Rhythmus entweder schneller oder langsamer sein. Das kannst du mit dem Modus „Spread Notes by Data“ oder „Spread Notes by Data Rhythmically“ einstellen: In diesem Modus werden die Töne je nach Datenwert vervielfacht und entsprechend mit einem langsameren oder schnelleren Notenwert versehen; der „Rhythmically“-Modus orientiert sich dabei an den bekannten Notenwerten, wie ganze Note, halbe Note, Achtelnote, und so weiter.
- Verbesserungen: Wenn du möchtest, kannst du noch mit dem „Effect“-Modul Effekte hinzufügen, wie etwa einen Reverb, oder die Tonlänge je nach Fallzahl mit dem Envelope-Modul kontrollieren.
- Fertig!
Natürlich lassen sich Corona-Zahlen auch als Tonhöhe darstellen: Je höher der Ton, desto mehr Ansteckungen.
Die folgende Kurve zeigt die Neuansteckungen pro Tag in Deutschland bis zum Herbst 2022.
In der Sonifikation wird deutlich, wie stark das Infektionsgeschehen ab dem Winter 2021/22 zugenommen hat:
Die Sonifikation nutzt das Frequency-Modul um die „Neuinfektionen pro Tag“ in Tonhöhe umzuwandeln, als Sound wird „Membrane“ genutzt. Durch eine sehr schnelle BPM-Zahl werden die Sprünge im Infektionsgeschehen deutlich hörbar.